Im Oktober letztes Jahr begann meine Leidensgeschichte. Ich rätsele heute noch, ob die Grippeschutzimpfung der Auslöser war. Dazu kamen Probleme mit der Halswirbelsäule und das Karpaltunnelsyndrom in beiden Händen. Da hat mein Schmerztherapeut mit Akkupunktur aber sehr viel erreicht. Ich bin jetzt wieder beschwerdefrei.
Einzig die Blutwerte sind immer noch nicht zufriedenstellend. Viel zu viele Thrombozyten und schlechte Leberwerte.
Der Gastroenterologe hat aber auch da schon gute Erfolge erzielt. Die Schmerzen in den Knochen sind nach abklingen der Leberentzündung und den kleineren endoskopischen Eingriffen im Innenleben vollständig verschwunden.
Was passiert dann? Richtig, die Lauf Lust kommt von ganz alleine wieder.
Also Strecke planen und los. Hansis Laufparadies um Sibbesse herum wirkt immer wieder magisch anziehend auf mich.
Ich nehme mir die Strecke 1 vor. 50 km mit den schönsten Single Trails.
„Verrückt“, werden bestimmt viele sagen. Der hat doch gar kein Training in den Beinen und dann solch eine Strecke. Ein wenig zweifle ich auch, aber wenn es nicht läuft, kann ich ja wieder umkehren. Anderseits glaube ich nicht, das 23 Jahre Laufen mit meinen Umfängen einfach so vergessen seien sollen.
Frohgemut starte ich Richtung Sibbesse.
Punkt 05:00 Uhr starte ich. Das beste Laufwetter, bis jetzt noch. Aber so sah es bei meinem letzten Lauf vor etwas mehr als einem Jahr auch aus. Ich habe 2,5 Liter Wasser, zwei kleine Flaschen Cola, zwei Äpfel und zwei Bananen als Marschverpflegung mitgenommen.
Solche Wege warten darauf, von mir belaufen zu werden. Die Freude darauf verleiht mir Flügel.
Hier geht es ab in den Berg. Natürlich, wie es sich für einen Trail gehört, geht der Weg in Grasfläche über. Kniehoch. Nach einigen wenigen Metern läuft mir der Morgentau aus den Schuhen. Sie sind so getränkt, als ob ich mit ihnen schwimmen war.
Im Wald ist es noch etwas dunkler als draußen auf den freien Flächen. Chance, noch einige Tiere zu beobachten. Am Ende waren es dann auch sechs Rehe, die friedlich äsend am Waldesrand standen und als sie mich bemerkten mit flinken Beinen und hohen Sprüngen die Flucht ergriffen. Einfach toll, wie die laufen können. Und dabei noch so grazil aussehen.
Hier bin ich schon bei km 8, dem Abstieg durch die Wettenser Schlei, auch "Roadrunners Hell" genannt. Straßenläufers Hölle. Beim Abstieg weiß ich noch nicht, das der Begriff "Hölle" für mich so zutreffend wird. Hier bin ich noch voller Tatendrang.
1,5 km lang ist dieser Abstieg bis zum tiefsten Punkt der Strecke. Erstmals merke ich die Sonne und die Temperaturen steigen unerbitterlich.
Der Tafelberg wirkt ausgedünnt. Der Sturm hat hier auch sein Werk vollführt und etliche Bäume umgeschmissen.
Der Blick ins Tal. Zu den Bergen im Hintergrund führt mein Weg.
Herrliche Aussichten, die Sonne steigt immer höher und ebenso die Temperaturen.
Himmelberg rechts, Tafelberg links. Sie habe ich passiert und nun führt der Weg ins Leinetal, dem tiefsten Punkt der Strecke. Kein Baum, kein Strauch bietet Schatten. Gnadenlos brennt die Sonne.
Vorbei an Feldern und Wiesen führt der Weg ins Tal.
Der Klatschmohn ist mein Wegebegleiter.
Die Mohnfelder nehmen kein Ende.
Dann erreiche ich den tiefsten Punkt der Strecke. Über diese Holzbrücke wechsele ich die Seiten. Weiter durch die Fluss Niederung, auf heißen Asphalt, führt der Weg nach Godenau.
Der Rothenberg Straße folge ich und komme dann wieder auf einen wunderschönen Trail.
Hier führt er noch am Waldrand entlang. Auch wieder bauchhohes Gras. Ruckzuck bin ich klitsche nass, bis an den Bauchnabel. Aber das ist eben das Besondere an solchen Läufen. Etwas Angst machen mir nur die Zecken.
Die Gliene, so heißt der Fluss, ist kurze Zeit unser Begleiter Glas klares Wasser und viele Stichlinge lassen mich einen Moment verweilen.
Dann taucht in der Ferne der Duinger Berg auf. Mein erstes großes Ziel. Ich fühle mich fit dafür.
Der Ort Brunkensen wird durchquert und es geht steil aufwärts.
Der Einstieg zum schönsten Streckenabschnit. Und endlich weg von der Sonne. Im dichten Wald ist es doch deutlich angenehmer.
Am Waldesrand ist eine riesige Windkraftanlage montiert. Deren Flügel stehen still. Kein Luftzug bewegt sie.
Eine der wenigen Möglichkeiten, um ins Tal zu schauen. Alles ist dicht bewachsen.
Der Obere Kammweg, noch ist er breit.
Das sind meine Lieblingswege. Wie durch Tunneln läuft man. Einfach herrlich. Dafür lohnt sich jede Quälerei.
Am Ende des Weges auf dem Duinger Berg musste ich ca. 10 mal solche Hindernisse überwinden. Rechts und links ist alles dicht zugewachsen. Da musst du über das Hindernis rüber. Anders geht es nicht.
Das entschädigt mich für alles.
Ein Blick zum "Külf", dem Berg, den ich noch überqueren möchte.
Ein Blick in den Steinbruch. Gegenüber den Steinbrüchen bei uns ist das nur ein "Steinbrüchlein".
Der Külf, ran gezoomt. Davor der Ort Deinsen. Das wird ein hartes Stück Arbeit. Es ist Mittagszeit, die Sonne brennt wie verrückt. Wieder kein Baum und Strauch, die Schatten spenden. Nur Kornfelder rechts und links. 24 Kilometer liegen hinter mir. Fünf ungeschützte km liegen vor mir. Dann bin ich wieder im Schatten. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Der Körper heizt sich mächtig auf und so langsam mach ich mir Gedanken, wie ich an frisches Wasser komme. Im Rucksack hab ich noch ca. einen Liter. Aber der wird bei den Temperaturen nicht mehr lange halten, dann ist die Getränkeblase leer.
Ein Blick zurück zeigt mir, wie man die Natur verschandeln kann.
Lange staubige Feldwege. Bin ich froh, wenn die hinter mir liegen.
Es ist bald geschafft, der Külf ist fast erreicht. Und damit endlich wieder Schatten.
Ein Blick vom Cölleturm. Konnte ich mir nicht verkneifen. Da musste ich rauf und den Ausblick genießen.
Zur Abkühlung verweilte ich ein viertel Stündchen in dem Turm. War das angenehm.
Diese Wege hier sind eigentlich genau so traumhaft wie die im Duinger Berg. Bei trockenen Wetter nicht so die große Gefahr, aber bei Regen wird es auf den vielen Baumwurzeln sehr rutschig. Die letzten 3 km auf dem Kammweg werden die härtesten. Wieder sehr hoher Grasbewuchs, der Weg ist kaum zu erkennen. Das Besondere an dem Gras hier oben, es wickelt sich regelrecht um die Knöchel. Von Zeit zu Zeit muss man die dicken Graspakete von den Füßen entfernen, da sie riesige Ausmaße annehmen.
An den Baggerlöchern führt die Runde 2 des Stunt 100 vorbei. Im Hintergrund der Ort Brüggen.
Bevor ich den Külf verlasse, treffe ich auf Waldarbeiter. Meine Trinkvorräte sind aufgebraucht. Lediglich eine kleine Flasche Cola hab ich noch. Die soll erst nach dem Aufstieg durch die Wettenser Schlei dran glauben. Ich frage die Waldarbeiter und sie verkaufen mir eine Flasche Wasser für teures Geld. Aber in der Not, da frißt der Teufel Fliegen.