Wesergebirgsläufer
Neuauflage 2024

Tagebuch Mai

 

30.05.2011
Mit den heute neu erworbenen Laufschuhen und einer gehörigen Portion Lauf Lust , musste ich einfach mal wieder in den Berg. Mein geliebtes Wesergebirge rief.
Mit Bonnie und Blacky war ich schon auf einer kleinen Runde und so konnte ich mal alleine mein Wesergebirge erkunden. Lange bin ich dort schon nicht mehr gelaufen. Da es hier kaum Wasserstellen gibt, kann ich hier die Hunde nicht mitnehmen.
Ich fahre zu Opa Walter, da, wo ich schon etliche hundert mal gestartet bin. Die Lust auf richtigen Trail wird immer mächtiger. Auf dem Weg dorthin bastele ich mir schon die Strecke im Geist zusammen.
Herrlich, als ich dann dort oben ankomme. Das letzte Haus am Weg, Opa Walter gehörte es. Der ist nun schon einige Jahre tot. Aber Bernd und seine Frau pflegen alles so aufopferungsvoll. Einfach schön, wie sie hier wohnen und leben.

 


Als ich ankomme ist kein Mensch zu sehen. Aber ich bin mir sicher, nachher, wenn ich zurück komme, wird Bernd bestimmt da sein und mit mir ein wenig schwatzen, erzählen, was in dem Jahr, wo wir uns nicht gesehen haben, alles passiert ist. Ich freue mich schon darauf.

Aber jetzt freue ich mich auf den Lauf. Rucksack auf den Buckel, Handy in die Hand und bei Endomondo einbuchen. Aber schon geht es los: "Kein Empfang".
Macht aber nichts. Mein Etrex ist immer dabei. Der sensible Garmin Empfänger findet sofort etliche Satteliten. Die Aufzeichnung ist gesichert.
So läuft parallel zu Endomondo der Garmin Track.   



Die ersten beiden Kilometer geht es nur aufwärts. Ein wunderschöner Trail. Ich habe nur die kurze Laufhose an, freue mich aber über die Brennnessel Felder, die ich nun durchquere. Anscheinend bin ich immun gegen den Schmerz. Lediglich ein wohliges erwärmen der Beine ist zu spüren, ich liebe es. Lange hab ich es vermisst. Aufpassen muss ich nur auf die Dornensträucher, die können doch ganz schön weh tun.
Meine 90, mit Betablockern garnierte Kilos, streben langsam aber genüsslich gen Kammweg. Wie schön ist es hier oben. Die Halswirbelsäule zickt zwischendurch und meldet "Schmerz", vor allem beim rückwärtsschauen. Ich ignoriere es, auch die dabei auftretenden Schwindelgefühle. Herz und Kreislauf sind medizinisch fit. Da kann es nicht dran liegen.



Ausgepumpt erreiche ich den Kammweg. Zwei Kilometer nur aufwärts liegen hinter mir. Weiter führt der Weg über den Kamm der Nammer Klippen. Schnell erhole ich mich von den Strapazen des Anstiegs. Wieder ein gutes Zeichen. Es macht Mut für Freitag.
Weiter geht es. Bergab, Zeit zum regenerieren. Die Freude ist mein Begleiter. Auch, weil Carsten und Michael am Freitag gerne mit mir eine Runde durch das Wesergebirge laufen möchten. Beide sind gute Freunde aus dem Streakrunner Forum. Michael kenne ich schon persönlich. Aber Carsten und seine Familie, die nicht weit von hier weg wohnen, kenne ich noch nicht. Per Mail und Forum haben wir schon lange eine freundschaftliche Beziehung aufgebaut, aber am Freitag wollen wir uns persönlich kennen lernen.
So in Gedanken versunken, immer wieder von den wunderschönen Aussichten beindruckt, merke ich kaum, wie die Zeit vergeht.
Ehe ich es begreife, bin ich schon wieder am Auto. Knapp 6 harte Kilometer liegen hinter mir, trotzdem sehr schöne Kilometer.



Die südliche Ansicht, immer wieder schön.

Tatsächlich bin ich kaum am Auto, als Bernd auch schon auftaucht. Fast ein Jahr haben wir uns nicht gesehen, da gibt es natürlich viel zu erzählen. Und ich freue mich, endlich mal wieder den Weg hierher geschafft zu haben.
Was für ein schöner Tag!

Das Höhenprofil der heutigen Laufstrecke.


25.05.2011
Vor zwei Monaten  meinte der Orthopäde, entweder die Therapie wirkt oder wir müssen operieren.
Vor zwei Monaten meinte der Urologe, entweder die Medikamente helfen, oder wir müssen operieren.
Ganz schön trübe Aussichten.
Gestern nun war ich bei einer netten jungen Physiotherapeutin. Genial, was sie schon bewirkt hat. Das erste mal seit Monaten hab ich schmerzfrei durchgeschlafen.
Den Kopf kann ich schon deutlich besser drehen, ich habe das Gefühl, sie hat mich wieder neu belebt.
Also musste ich natürlich auch einen Testlauf machen, um zu sehen, wie mir das Laufen bekommt.
Das Ergebnis ist überwältigend. Ich kann schon wieder deutlich besser rückwärts schauen und selbst die Zehen des linken Fußes krallen längst nicht mehr so stark, wie sonst.
Auch aus urologischer Sicht geht es aufwärts. Nachts muss ich nur noch einmal raus und beim Laufen vielleicht zwei mal.
Die Nebenwirkungen der Tabletten sind auf ein Minimum geschrumpft. Auch hier geht es aufwärts, deutlich.
Ich kann nur allen Männern, die Probleme mit dem Wasserlassen haben, raten, sich mit einem Urologen in Verbindung zu setzen. Da kann sich schnell eine richtig fiese Krankheit raus entwickeln. Bluthochdruck ist dabei noch das kleinste Übel.
Der heutige Lauf war jedenfalls mal wieder Balsam auf die Läuferseele. Auch Bonnie merkte das und lief einfach toll mit. Ich glaube, sie lebt alle Höhen und Tiefen mit mir mit. Sie ist einfach ein Goldstück.
Auch das heutige Lauferlebnis am Mittellandkanal zeigt mir, das es jemand mit mir gut meint und mich wieder aufbauen will.
Bei Stromkilometer 109 begegnete uns das Binnenschiff  Dresden 2, eine Andeutung auf meinen Fußballverein Dynamo Dresden, der gestern aus der 3. Liga in die 2. aufgestiegen ist. Wenn das kein gutes Omen ist, was dann ?



23.05.2011
Nach dem gestrigen Lauf fiel mir an Blacky auf, das er seinen Fressnapf deutlich langsamer leerte, als Bonnie ihren. Das ist wirklich außergewöhnlich, denn Blacky ist Weltmeister im Fressnapf leeren. Da hat Bonnie noch nie gewonnen. Grund genug, Blacky zu beobachten.
Siehe da, im Laufe des Abends bemerkten wir, wie aus seinen Lefzen ein zäher Schleim abgesondert wurde. Völlig unnormal für Blacky. Er wurde zusehends ruhiger, lag viel in seiner Ecke und war kaum zu bemerken. Die Nacht über lag er nur auf seinem Lager, kam nicht ein einziges mal zu mir um zu sehen, ob alles seinen gewohnten Gang geht. Alles war völlig unnormal für Blacky.
Am Morgen stellten wir eine dicke Schwellung unter seinem Kiefer fest. Also Termin bei unserer Tierärztin Maike Wolf geholt und um 11:00 Uhr lag Blacky im Koma. Wurde geröntgt und eingehend untersucht. Fieber hat er und diese Geschwulst am Kiefer. Ein Abstrich wurde entnommen, Antibiotika verschrieben und nun müssen wir abwarten.
Nach dem gestrigen Lauf hab ich heute wieder deutlich mehr Schmerzen in der Halswirbelsäule. Rechtsdrehung des Kopfes ist fast unmöglich. Aber ich lass mich nicht unterkriegen. Der menschliche Körper kann sich so viel selber helfen, ich werde ihn dabei unterstützen. Das Laufen hat mir so oft geholfen, warum soll es dieses mal nicht funktionieren?
Nach dem Geburtstags Kaffeetrinken bei unserem Sohn Christian bin ich dann mit Bonnie zum Sperrtor am Mittellandkanal gefahren. Wir wollen einfach wieder laufen. Das herrliche Sommerwetter mit Temperaturen um 21°C lädt ja auch zum Laufen ein.
Die treue Bonnie war sichtlich zufrieden. Fröhlich stürmte sie los. Im Eifer des Gefechts gelang es mir kaum, die online Navigation am Handy zu aktivieren, so ungeduldig zog es Bonnie voran.
Im Hafen Berenbusch übte die Jugendfeuerwehr. Bonnie nahm da keine Notiz von. Sie wollte nur vorwärts, so schnell wie möglich in den Wald, zu ihren geliebten Schlammlöchern.
Die ließen auch nicht lange auf sich warten. Mit traumhafter Sicherheit fand sie die Absprungstellen um sich genüsslich im Schlamm zu suhlen. Unbeschreiblich ihr strahlendes Gesicht wenn sie mich wieder überlistet hatte und in dem nächsten Loch verschwand. Freude überkam mich, Glücksgefühle, das ich mit dem lieben Tier wieder laufen kann. Ich bin ein gebrechlicher alter Opa geworden, aber die Lauffreude ist nicht gebrochen. Das kleine Feuer lodert immer noch, die Natur um mich herum begeistert mich immer noch. Aber die Schmerzen sind mein ständiger Begleiter. Die Halswirbelsäule spielt mir immer wieder Streiche, Schmerzen sind dort ein ständiger Begleiter.
Aber es gibt auch kleine Fortschritte. Die Betablocker zeigen Wirkung. Nach über dreißig Tagen übelster Nebenwirkungen wird es nun wohl etwas besser. Schwindel und Herzrasen sind fast gänzlich verschwunden. Und das Beste, sie scheinen dort zu wirken, wo sie wirken sollen. Statt wie in letzter Zeit auf der 14 km Strecke 10-12 mal zu pinkeln, nicht nur ein paar Tropfen, nein, richtige Mengen, liege ich nun bei nur noch einmal. Auch tagsüber sind es fast wieder normale Werte.
Diese kleinen Fortschritte motivieren mich zum Weitermachen.
Heute kamen dann wieder etwas mehr als 10 km auf mein Laufkonto. Mit Bonnies Hilfe auch schon wieder in einer etwas besseren Zeit. Aber es gibt noch viel zu tun, wir fassen es an, lassen uns nicht unterkriegen. Wenn unser Blacky erst wieder mitlaufen kann, was soll uns dann noch passieren. Wir geben niemals auf.


22.05.2011
Die Nebenwirkungen der Tabletten, die ewigen Schmerzen an der Halswirbelsäule und am Fuß, haben mich ganz schön runtergezogen. Aber ich gebe nicht auf.
So bin ich heute mit Bonnie und Blacky mal wieder unterwegs gewesen. Richtig spaßig war es jedenfalls nicht. Aber wir waren mal wieder auf Strecke.
Fakt ist, das ich während des Laufens nicht nach hinten schauen kann. Ich muss praktisch stehen bleiben und dann den ganzen Oberkörper drehen, nur um zu schauen, ob jemand von hinten folgt. Den Kopf drehen geht nur sehr begrenzt.
Der große Zeh schiebt sich immer mehr unter die anderen Zehen und der zweite Zeh von außen ist immer noch doppelt so dick wie normal. Nach dem Lauf machten mir die Zehen doch schwer zu schaffen. Ich glaube, ich muss mir neue Schuhe kaufen, wo die Einlagen rein passen.
Die Tiere aber waren wieder richtig glücklich. Endlich wieder schwimmen und im Schlamm wälzen. Ihre Freude sprang auch zu mir über.



Am Ende der Straße haben wir das Buch gefunden.
BCID:  014-9853416
Ein kleiner Lichtblick. Als wir an der Schranke zum Wald ankommen, finden wir dort auf einem Stein ein Buch. Schön in einer Tüte eingewickelt. Als bookcrosser kommt mir natürlich sofort der Gedanke an ein "gefundenes Buch" . Der Titel: "Der mit dem Wolf tanzt". Dankbar packe ich es in meinen Rucksack. Werde es nachher bei bookcrossing.com als gefunden melden. Also langweilig beim laufen ist es mir jedenfalls noch nie geworden. Man muss nur die Augen offen halten.
Auf dem Rückweg, wir waren gerade am Mittellandkanal, da klingelte das Handy. Tochter Marina war dran und wollte wissen, wie es mir so geht. Genau in dem Moment passiert uns ein Binnenschiff namens Marina. So einen Zufall kann man ja kaum glauben. Das ist wie eine sechs im Lotto mit Zusatzzahl.




Ich habe beim Start über mein Handy die Strecke bei Endomondo aufzeichnen lassen. Parallel dazu lief mein Garmin Etrex. Am Ende standen bei Endomondo gut zwei Kilometer mehr Streckenlänge als bei Garmin.
Das muss ich jetzt mal auseinanderdröseln, wie so etwas kommt.